Jerry Lee Lewis in Hamburg am 1.11.2008

Am Samstag war ich mit Janina in Hamburg zum Konzert von Jerry Lee Lewis im CCH in Hamburg. Zu den im Web lesbaren, eher durchwachsenen, Kommentaren möchte ich als Fan selber ein paar Worte sagen.

Gleich vorweg, es hat sich gelohnt!

Tagsüber waren wir shoppen und in einem Plattenladen, der leider doch keine 45er da hatte, aber sonst gut sortiert war, und eine echte Rock-o-la-Jukebox aus den 60ern an der Wand hängen hatte. (http://www.plattenrille.de/)

Kurz nach 6 warteten wir dann am CCH auf Einlass und im Foyer, wo auch durchaus Kamerateams unterwegs waren und Leute interviewten. Kurz nach 7 konnten wir dann rauf, mussten unsere Klamotten leider gegen Löhnung an der Garderobe abgeben. (Soviel zu “inkl. aller Gebühren” *grumpf*)

Um 8 kam dann die laue Vorband auf die Bühne. Diese spielten vorallem laut und sehr metalmäßig Rock’n’Roll-Klassiker, darunter Summertime Blues, Hello Josephine und Rip It Up. Insgesamt eher eine maue Vorband mit der Schildkröte, einem Alt-Hippie mit wehender Mähne und Übergewicht, am Keyboard. Warum der nicht am Flügel spielen durfte, ist mir ein Rätsel.

Nach einer Pause spielte dann Linda Gail Lewis, die kleine Schwester des Killers (ich habe berichtet). Das Set war rockig, flott und sie hat eine gute Stimme. Die Meinung über sie ist geteilt, ich fand sie gut, im Studivz wurde sie dagegen als “Parasit” tituliert. Immerhin spielte sie einige Klassiker, darunter Blue Suede Shoes und Shake, Rattle & Roll, aber auch eigenes Material. Von letzteren konnte ich nicht so recht definieren, ob es nur umgetextet oder tatsächlich mit eigenen Noten war. Am Ende wurde sie beinahe von der Bühne gebuht: “We want Jerry Lee!” war deutlich zu hören. Das fand ich etwas krass, denn so schlecht hat sie nun wirklich nicht gespielt.

Nach einer Pause kam dann endlich  die Killerband auf die Bühne, nachdem der Veranstalter ein blödes Textchen über den “Last Man Standing” losgelassen hatte. Bandleader Kenny Lovelace witzelte über seine angeknackte Nase mit Pflaster und dann spielten sie Kansas City. Danach stellte Kenny die Band vor (Scheint er auf jedem Konzert zu machen) und danach sang statt Kenny B.B. Cunningham am Bass Wolly Bully.

Surprise, surprise, schon nach 2 Vornummern kam plötzlich Jerry Lee hinter der Bühne hervor und schlurfte gemächlich in einem kurzärmeligen Hemd mit Längsstreifen (ahhhhh, ich will auch so eins) an den Flügel. Die Menge quittierte es mit einer Standing Ovation und lautem Applaus. Er grinste in die Menge und spielte los.

Er war gut in Form, das Set schön flott und rockig. Scheinbar reagierte er auf das enthusiastische Publikum, welches offensichtlich voll auf  Rock’n’Roll eingestellt war. Gerüchten zu Folge soll er nach Mexicali Rose zu Kenny gesagt haben, “They don’t wanna hear You Win Again.”, als dieser offensichtlich diesen Klassiker von Hank Williams (aber eben ein langsames, trauriges Stück) vorschlug. Leider leider stimmte er dann Great Balls Of Fire an, was seit Jahr und Tag das Ende vom Spaß ankündigt.

Zu GBOF und Whole Lotta Shakin’ stand das Publikum auf und aus einem SItzkonzert wurde eine spontane Stehtanzparty. Er endete mit dem knallenden Stuhl und dem Hintern auf den Tasten, grinste nochmals und verschwand dann flott von der Bühne, aber dabei schaute er durchaus ins Publikum und wusste den Applaus zu schätzen.

Einige Leute hofften wohl auf eine Zugabe, aber bekannterweise fällt das seit Jahrzehnten bei Jerry Lee flach. Daher machten wir uns dann auch bald auf den Weg.

An dieser Stelle möchte ich kurz die Setliste benennen, so wie ich sie mir notiert habe. Jerry Lee Lewis spielte folgende Titel:

  1. Roll Over Beethoven (jaja, wie immer)
  2. Drinkin’ Wine Spo-Dee-O-Dee
  3. Before The Night Is Over
  4. Trouble In Mind (die einzige langsame Nummer im Set)
  5. I Don’t Want To Be Lonely Tonight
  6. Sweet Little Sixteen
  7. Johnny B. Goode (erstaunlich flott und fetzig, was er die letzten Jahre bei diesem Klassiker selten tat)
  8. Why Have You Been Gone So Long
  9. Mexicali Rose (eine schnelle Version)
  10. Great Balls Of Fire
  11. Whole Lotta Shakin’ Goin’ On (inklusive umknallenden Stuhl und Arsch auf den Tasten)

Zum Set möchte ich nochmals kurz kommentieren, es war flott und rockig. Aber, aber: warum spielt der Mann nicht sein eigenes rockendes Material? Warum muss er Songs von Chuck Berry bringen, wenn er stattdessen schöne flotte Nummern wie End Of The Road, Ubangi Stomp, Lewis Boogie oder Mean Woman Blues bringen könnte (Von meinem Lieblingsrockstück, Wild One, wage ich ja garnicht mehrzu träumen)? Schade, aber immernoch gut.

Subjektiv hat er mir dieses Mal besser gefallen, als 2000 im Stadtpark. Natürlich ist er 73 Jahre alt, und gerade deswegen muss man es umso mehr bewundern, wenn er immer noch 45 Minuten am Stück hart und kräftig durchrockt und das Piano bei jedem Akkord donnert.

Stänkerer sollen sich geprellt gefühlt haben, aber zu denen sag ich nur: wenn Chuck Berry soviel besser ist, warum zum Geier geht ihr dann in ein Jerry Lee Lewis Konzert?!? Chuck spielt doch auch in Europa (Essen und Mannheim weiß ich definitiv, ich kann nur nicht hin)

All in all: Rock’n’Roll is the thing – Jerry Lee is the king!

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