Im Sommer 2015 habe ich mir einen neuen Gaming-PC angeschafft. Traditionell bin ich PC Gamer, wenn ich nicht gerade mit Retrosystemen, etwa meinem Atari STE, spiele. Aus diesem Grund waren weder eine Xbox 360 oder PS3 damals für mich attraktiv.
Ich habe in über 20 Jahren eine gewisse Softwarebibliothek an Spielen gesammelt. Daher war für mich eine Kompatibilität mit Windows entscheidend. Steam gegenüber war ich bis dato etwas vorsichtig gewesen, aber ich hatte schon ein paar Titel und irgendwann ist der Schrank mit CDs und DVDs voll. Vorallem bietet Steam eine recht gute Auswahl an Titeln und ab und an Sonderangebote, bei denen es verschiedenste Titel heruntergesetzt gibt. Hätte ich mich für eine aktuelle Konsole entschieden, hätte ich alle Software neu erwerben müssen.
Die Idee der Steambox hatte mich vorher schon interessiert, da ich den Hybrid zwischen reiner Konsole und vollwertigem PC als guten Kompromiss empfinde, wenn man schon wie ich eine Softwarebibliothek aus dem PC Bereich hat. Neueinsteiger sollten sich klar für eine reine Konsole entscheiden, da ist der Aufwand und Frust geringer.
Steam OS war damals schon verfügbar, aber ich zog es nicht in Betracht, da es meinem Ansatz der Wiederverwendung von existierender Software nicht entsprach.
Mir war aber ein kleiner Formfaktor für die Transportierbarkeit und ein geringer Geräusch- und Wärmepegel wichtig. Aus diesem Grund zog ich möglichst kompakte Geräte und eben Steamboxen in Betracht.
Also bestellte ich mir damals bei Amazon die Alienware Alpha in einer etwas aufgebohrten Version mit Windows 8.1, da mir das Grundmodell preislich nicht im Vergleich zur Leistung nicht zusagte, mit mehr Speicher und Platte aber dann schon. Im Lieferumfang war auch ein Xbox 360 Controller, zu dem ich mir gleich einen zweiten orderte.
Erster Eindruck
Das Gerät ist schön klein und kompakt, 20x20x5cm, mit gefälligem schwarzen Gehäuse. Der Einschaltknopf als Logo von Alienware ist einstellbar beleuchtet und ein nettes Feature. Das Netzteil ist extern, Tastatur oder Maus sind nicht im Lieferumfang. Der Anspruch des Produktes ist es, wirklich als Spielkonsole für das Wohnzimmer zu erscheinen. Bis auf minimale Beschreibungen waren keine Anleitungen oder Datenträger enthalten.
Technische Eigenschaften
- Intel Core-i5 4590T, 3GHz
- 8GB RAM
- 2TB Festplatte
- Windows 8.1
Das Gerät hat 4 von aussen zugängliche USB Anschlüsse, Netzwerk, HDMI In und Out, LAN, intern Wifi und Bluetooth. Unter einer Klappe ist ein versteckter USB Anschluß, etwa für ein Logitechdongle. Per Adapter kann man das Gerät auch an einem DVI Eingang betreiben, dann fehlt allerdings der Sound.
Leider hat das Geräte keine unabhängigen Audioanschlüsse. Ich machte die Erfahrung, daß nicht alle Titel mit Bluetoothkopfhörern zusammenarbeiten, daher besorgte ich mir noch für den Fall der Fälle eine USB Soundkarte von CreativeLabs. Diese funktioniert ohne Mucken durch Einstecken und man kann dann einen klassischen Kopfhörer anschließen und bekommt auch Ton in Spielen, die über Bluetooth nicht wollen.
CPU, Festplatte und RAM sind prinzipiell austauschbar. Die Grafikeinheit von NVIDIA ist festverbaut und nicht austauschbar. Sie stammt ursprünglich aus dem Notebookbereich und ist gefühlt für 2015 etwa auf der Höhe der Zeit im mittleren Performancesegment. Diesen Kompromiss muss man für den kleinen Formfaktor und Laufruhe eingehen.
Die Lüfter sind hörbar, vorallem bei performancehungrigen Titeln, aber insgesamt ist das Geräusch angenehm und erträglich. Im Vergleich ist eine alte Xbox 1 ein lauter Brummer.
Optische Laufwerke muss man über USB anschließen, ich empfehle aber die Verwendung von ISO-Images, wenn ein Spiel tatsächlich noch von einem klassischen Medium kommt. Das ist ruhiger und für irgendetwas muss die große Platte ja gut sein.
Software
Bei Auslieferung war Windows 8.1 und eine eigene AlphaUI installiert. Letztere erlaubte eine minimale Konsolenmäßige Bedienung, hatte aber ausser der Möglichkeit, Steam im “Big Picture”-Modus zu starten, keine weiteren Features. Ich bootete das Gerät dann in den Desktop und arbeitete erstmal damit. Ein Backup zur Systemneuinstallation von einem USB Stick konnte man auch anfertigen.
Nach Einspielen der Updates von Alienware selbst wurde mir anstelle des Alpha UI das Hivemind UI installiert, und mit diesem bin ich sehr zufrieden. Auf Basis von Kodi/XBMC bekommt das Gerät so eine schöne Bedienoberfläche mit Controllersupport, von der man Spiele direkt starten kann, auch Titel, die nicht in Steam eingebunden sind. Man bekommt gratis Mediacenterfeatures und kann Videos anschauen, Musik aus Freigaben hören und schnell Fotos anschauen.
Viele Software ist aber nicht auf den konsolenmäßigen Betrieb optimiert. Entweder ist es unmöglich, ohne externe Tools, die Programme komplett mit Controller zu bedienen, Schriften werden zu klein oder es muss doch mit der Maus geklickt werden. Das Problem mit dem Controller kann man mit dem Tool Xpadder umgehen. Allerdings ist dies über Hivemind UI nicht gut erreichbar, sondern benötigt weiterhin Windows im Desktopmodus.
Wenn sie einmal laufen, arbeiten Spiele wie auf einem anderen Windows PC mit der Performance der Alienware Alpha. Für meine Zwecke ist das völlig ausreichend, zur Not dreht man die Bildqualität halt runter. 4K Pixel bei 60fps kann man halt von einem leisen kompakten Gaming-PC nicht erwarten. Für Indietitel, Emulatoren und ältere PC-Titel (die sind eh meist günstiger) ist das Gerät ausreichend flott.
Retroarch und MAME erlauben einen konsolenmäßigen Zugriff auf bekannte Emulatoren und damit jede Menge Retrosysteme. Beide kann man auf reinen Betrieb mit dem Xbox 360 Controller konfigurieren und so auch ohne Tastatur und Maus gut zocken. Mit diesem Feature braucht man keinen Retropie mehr.
Da ich nur mit dem Gerät spiele, kann ich im Schadenfalls auch einfach alles neuinstallieren. Das vereinfacht die Handhabung, keine Backups von Windowssystemen mehr.
Gesamteindruck
- schön kompakt
- angenehmer Geräuschpegel
- vollkompatibeler Windows PC
- ausreichend Leistung
- Steam OS installierbar (ich meine, wenig später wurde die Alienware Alpha auch offiziell mit Steam OS verkauft)
- Festplatte ist langsam (stört mich nicht)
- Controllermapping nicht als Defaultfeature
Ich bin mit meinem Kauf für meine persönlichen Anforderungen zufrieden. So brauche ich meine Workstation nicht mehr zum Spielen zu belasten und benötige keinen Dualboot mehr. Als Bootloader für Spiele langt mir Windows 8.1 auch völlig, zumal es häufig genug bei mir hinter dem Hivemind UI versteckt wird.
Pro-Gamer mit hohen Ansprüchen an die PC-Leistung werden mit dem Gerät nicht zufrieden sein, für mich ist der Kompromiss zwischen Konsole und PC gelungen. Wenn ich wollte, könnte ich auch auf der Alienware Alpha wie mit einem regulären Windows PC arbeiten.
Für mich war dies die perfekte Anschaffung für meinen Anwendungsfall!